Zwei Bitburger Senkrechtstarter trotzen Hitze und Favoriten
Die rheinland-pfälzische Schach-Einzelmeisterschaft wird für die Schachfreunde Bitburg zum Erfolg. Das liegt vor allem an zwei Spielern, die das Feld als Außenseiter durcheinanderwirbeln – und am Ende sogar mit zwei Preisen nach Hause fahren.
Die Sommersonne knallt auf die großen Fenster der Festhalle Heimbach-Weis in Neuwied, das Außenthermometer zeigt 34 Grad Celsius. In der Halle surrt eine Lüftungsanlage und drückt die Temperatur um ein paar Grad – dennoch ist das Rheinland-Pfalz Open, die rheinland-pfälzische Schach-Einzelmeisterschaft, für seine 232 Teilnehmer vom 19. bis 22. Juni 2025 eine schwitzige Angelegenheit. Das liegt neben der Hitze durchaus aber auch an den jeweiligen Herausforderern auf der anderen Seite des Schachbretts.
Das diesjährige Feld ist stark besetzt: 15 Meistertitelträger wetteifern um den Titel des rheinland-pfälzischen Einzelmeisters. Außerdem mit dabei auch sechs Spieler der Schachfreunde Bitburg: Florian Kappelmann, Florian Pauls, Jonas Fandel, Frederik Mies, Rayan Aouraghe und Sebastian Lang. Der Modus: Schweizer System. Für die ersten 40 Züge stehen jedem Spieler anderthalb Stunden zur Verfügung. Nach jedem Zug erhält der Ziehende 30 Sekunden hinzu. Nach 40 Zügen gibt es nochmal jeweils 30 Minuten extra auf die Uhr.

In den ersten beiden Turniertagen sortiert sich das Teilnehmerfeld und es zeichnet sich ab, dass vor allem drei Bitburger der Hitze – und ihren Rivalen – trotzen und den Anschluss zur Spitzengruppe halten können: Nach vier Partien steht Florian Kappelmann ungeschlagen bei starken 3 Punkten auf Platz 45. Es folgen Florian Pauls auf Platz 56 (2,5 Pkt.) und Jonas Fandel als 63. (2,5 Pkt).

Am dritten und vorletzten Turniertag dann beginnt der Siegeszug von Florian Pauls. Der 15-Jährige katapultiert sich mit herausragenden Erfolgen gegen Pascal Grzeca (2140 DWZ) und Simon Thier (2027 DWZ) auf den 21. Platz des Gesamtrankings. Gerade Pauls‘ Stärke im Endspiel hebt ihn zusehends von seinen teils deutlich höher gewerteten Kontrahenten ab – und entscheidet viele Partien zu seinen Gunsten. Florian Kappelmann und Jonas Fandel wiederum müssen ein wenig federn lassen, halten sich aber auf dem 64. (3,5 Pkt.) und 99. Platz (3 Pkt.).

Für die letzte Partie am Sonntag bekommt es Florian Pauls in Matthias Huschens (2113 DWZ) dann nochmals mit einem schachlichen Schwergewicht zu tun. Wenn er seine Platzierung auch nur annähernd verteidigen kann, wäre das ein Riesenerfolg – ist Pauls doch ursprünglich nur Platz 136 der Setzliste.
Indes hoffen Florian Kappelmann und Jonas Fandel ebenfalls noch auf beachtliche Platzierungen unter den Top 70. Auch Frederik Mies hat sich heimlich, still und leise herangepirscht, steht nach sechs Partien bei 3 Pkt. und könnte mit einem weiteren Sieg einen echten Überraschungserfolg einfahren.

Aus Bitburger Sicht ist an diesem vierten und letzten Turniertag also durchaus Spannung geboten. Wobei ein Großteil der Aufmerksamkeit dabei auf Senkrechtstarter Florian Pauls gerichtet ist.
Seine finale Partie um eine Top-Platzierung eröffnet Pauls, der mit den weißen Steinen zieht, mit dem Damengambit. Sein Rivale lehnt mit 2. …e6 ab und beide Spieler legen den Fokus zunächst auf Figurenentwicklung. Wo es sich anbietet, setzt Pauls wieder früh auf den Abtausch von Figuren. So verwickelt er seinen Kontrahenten in ein Spiel nach seinen Vorstellungen – und erreicht bis Zug 30 sogar eine leicht vorteilhafte Stellung, in der sich mitunter der schwache c-Bauer seines Gegners als Angriffsziel anbietet. Da Huschens mit Schwarz gleichzeitig allerdings ernstzunehmenden Druck am Königsflügel ausübt, bleibt es eine sehr enge und insgesamt ausgeglichene Partie. In Zug 30 selbst entscheidet sich Pauls dann für einen – leicht ungenauen – Damenzug, der letztlich in einen Damenabtausch mündet. Fünf Züge später geben sich Pauls und Huschens die Hand: Remis. Ein Resultat, mit dem Pauls mehr als nur zufrieden sein kann, denn kurze Zeit später ist klar, dass er damit seinen herausragenden 21. Platz (5 Pkt.) im Endklassement halten kann. Im Vergleich zur Setzliste hat er sich damit am Ende um satte 115 Plätze verbessert. Keinem anderen Teilnehmer ist ein größerer Sprung gelungen. Eine großartige Leistung – zumal ihm sieben Gegner mit einer durchschnittlichen DWZ von 2.046 gegenübersaßen!
Aus Bitburger Sicht außerdem sehr erfreulich: Auch Jonas Fandel schließt die siebte Runde mit einem Sieg ab und landet in den Top 70 auf einem sehr starken 68. Platz (4 Pkt.). Im Vergleich zur Setzliste (Platz 179) ist das auch für Fandel eine immense Verbesserung um 111 Plätze. Und nicht nur das: Sowohl Pauls als auch Fandel fallen mit ihren Wertungen in die Kategorie <1800. Bei der Siegerehrung werden sie entsprechend mit den Ratingpreisen für den 1. (Pauls) und 2. Platz (Fandel) der Kategorie <1800 geehrt. Sie dürfen sich zudem über Preisgelder freuen. Herzlichen Glückwunsch!

Für die anderen vier noch teilnehmenden Bitburger Vereinsspieler läuft es zum Ende hin durchwachsener. Sowohl Florian Kappelmann als auch Frederik Mies und Sebastian Lang ziehen in ihren finalen Partien den Kürzeren. Kappelmann verpasst entsprechend knapp die Top 100 und landet auf dem 102. Platz (3,5 Pkt.). Mies erreicht letztlich Platz 158 (3 Pkt.), Sebastian Lang muss sich mit Platz 209 zufriedengeben (2 Pkt.). Rayan Aouraghe wird 214. (1,5 Pkt.), bestritt aber nur vier der sieben Turnierpartien.
Rheinland-Pfalz-Meister wird am Ende FM Paul Hinrichs von den Schachfreunden Heidesheim.
Dank noch an den Ausrichter und Schach-Bundesligist SC Heimbach-Weis/Neuwied e.V. für ein tolles Turnier.